Es ist der 17.Juli 2020 und heute erscheint das letzte exklusive Spiel für die Playstation 4. Sucker Punch hat damals die Generation mit inFamous eröffnet und nun schließt sich der Kreis mit der Veröffentlichung von Ghost of Tsushima. Lang wurde der Titel erwartet, hoch wurde er angepriesen und wir durften uns selbst ein Bild machen.
Krieg, bleibt immer gleich
Das haben wir in Spielen wie Fallout oft genug erleben dürfen. Auch auf Tsushima ist der Krieg ausgebrochen, denn die Mongolen fallen auf die Insel ein, zerstören und plündern alles was auf ihrem Weg liegt. Wir können nur hilflos dabei zusehen, denn die Samurai-Krieger sind in der Unterzahl und die Mongolen haben dazu unsere Techniken gut studiert um sie gegen uns einzusetzen. Gefühlt sind sie uns die ganze Zeit immer einen Schritt voraus.
Wir spielen Jin Sakai. Einer der Fürsten der Insel und Überlebender der Schlacht in Komoda. Wir wollen die Mongolen stoppen und viel wichtiger noch unseren Onkel aus deren Fängen befreien. Doch allein scheint diese Aufgabe schier unmöglich zu sein und hier beginnt unsere große Reise über die Insel Tsushima und allem was diese zu bieten hat.
Eine Warnung vorab: Das Spiel behandelt in seinen Nebenmissionen Themen wie Suizid, Vergewaltigung oder Pädophilie. Sollten euch diese Themen irgendwie besonders aufwühlen, dann solltet ihr überlegen vom Kauf des Spiels abzusehen.
Wo fangen wir nur an?
Ghost of Tsushima hat so viel zu bieten, dass wir gar nicht wissen, wo wir genau anfangen sollen. Wir spielen Jin, der von klein auf als Samurai erzogen wurde. Die Samurai verfolgen einen besonderen Kodex, welcher zwingend eingehalten werden muss. Hier geht es um Ehre und Würde und es ist verboten seine Gegner wie ein Assassine zu töten.
Doch im Krieg gelten andere Regeln und immer öfter sind wir dazu gezwungen uns so unbemerkt wie möglich durch die Gegner zu bewegen. Das bringt Jin in einen innerlichen Konflikt, denn er will den Kodex der Samurai nicht beschmutzen. Doch manche Aufgaben verlangen von uns einfach unentdeckt zu bleiben und eigentlich wollen wir alles dafür tun unseren Onkel lebend zu befreien. Also tun wir, was getan werden muss auch wenn es vielleicht unsere Ehre als Samurai in Frage stellt.
Kämpfen oder nicht
Das Kampfsystem in Ghost of Tsushima unterteilt sich in zwei Arten. Stealth oder direkter Angriff. Eigentlich lässt uns das Spiel hier auch fast immer freie Wahl, welchen Weg wir gehen wollen. Nur in einigen wenigen Quests werden wir „gezwungen“ unentdeckt zu bleiben oder eben frontal anzugreifen.
Der Schwertkampf im Spiel besteht aus Reaktion und Aktion. Wir müssen unseren Gegner beobachten im richtigen Moment blocken, kontern oder ausweichen. Wer immer nur stumpf die Angriffstaste drückt, der wird durch die Deckung seines Gegners nicht durchkommen. Dazu lernen wir noch unterschiedliche Kampfhaltungen. Diese bringen uns bestimmte Vorteile gegen bestimmter Gegnertypen. Die niedrige Haltung hilft uns besser gegen Schwertkämpfer zurecht zu kommen, die hohe Haltung hingegen bringt uns wuchtige Schläge gegen Schildträger.
Das Schleichen klappt aber generell auch ganz gut. Wir können uns in hohen Pflanzen und hinter vielen Gegenständen verstecken. Können unter den Häuser hindurch und somit viele Möglichkeiten unseren Feinden aufzulauern. Mit der Hilfe von Dynamit oder Glöckchen können wir sie auch auf bestimmte Orte lenken, wo wir sie viel besser gegriffen bekommen. Sollte uns doch mal jemand entdecken, dann nutzen wir einfach eine Rauchbombe, um uns schnell aus dem Staub zu machen. Auch ein Bogen steht uns zur Verfügung, mit dem wir gekonnt aus der Ferne agieren können. Das coole ist, dass auch daran gedacht wurde die Entfernung zu berücksichtigen. Je weiter der Gegner weg, desto höher müssen wir zielen.
Gehen wir frontal in einen Kampf, dann können wir unseren Gegner auch herausfordern. Hier gilt es schneller zu sein als der Feind und ihn mit einem gekonnten Schwerthieb zu erledigen. Ein nettes Feature, welches wir gerne genutzt haben.
KI und andere Phänomene
Die KI in Ghost of Tsushima ist wahrscheinlich noch eine der Besten, die wir in unsrer Videospielgeschichte miterleben durften. Sind wir hier mit Begleitern unterwegs, dann sind diese auch wirklich hilfreich. Sie lenken Gegner ab oder räumen sie für uns aus dem Weg anstatt nur wild die nächste Deckung zu suchen.
Unsere Gegner reagieren auch relativ schnell auf uns. Gelangen wir in ihr Sichtfeld, wird sofort überprüft was sie gesehen haben wollen. Hier gilt es schnell eine neue Position ausfindig zu machen. Trotzdem erleben wir die Geschichte zwischen den Mongolen und den Samurai relativ schwarz und weiß. Hier gibt es keinen Bösewicht, der uns in Erinnerung bleibt, weil er seine eigene Geschichte erzählt. Zum Beispiel wie in Far Cry 5. Jeder erinnert sich an Joseph und seine Geschwister. Hier gibt es nur Gut und Böse, was tatsächlich etwas schade ist.
Statt des eindrucksvollen Bösewichtes gibt es im Spiel dafür viele interessante Nebencharaktere. Mit jedem von ihnen erleben wir eine eigene Geschichte, erfahren von ihrer Vergangenheit und verbünden uns immer intensiver mit ihnen. Die Charaktere haben Tiefe und so wollen wir unbedingt wissen wie es mit Yuna, die unser Leben gerettet hat, weitergeht oder ob wir Fürstin Masako aus ihrem Dilemma helfen können.
Es gibt viel zu sehen
Ghost of Tsushima bietet uns mit seiner Open World natürlich einiges. Allerdings ist es trotzdem überschaubar und nicht so überladen wie andere Spiele. Wo jeder Entwickler immer größere Welten erschafft, die auf viele schon von Beginn an abschreckend wirken, haben Sucker Punch etwas kleiner angesetzt.
Die Insel Tsushima ist in drei Bereiche unterteilt, die wir fröhlich entdecken können. Die Karte ist nicht zu groß und nicht zu klein. Es gibt genügend Dinge zu entdecken und Sammeln um uns auch nach und neben der Geschichte gut zu beschäftigen. Eben weil es nicht zu viel ist, ist es wieder motivierend und wir machen es gerne. Dazu lernt man hier auch noch einiges über die Folklore Japans.
Durch mythische Geschichten erfahren wir von verfluchten Waffen, undurchdringliche Rüstungen oder besondere Fertigkeiten und lernen dabei noch etwas über die Sagen dieser Zeit. Dazu können wir Fuchsbaue entdecken, Schreine ehren, in heißen Quellen baden oder uns an einer Bambusherausforderung versuchen.
Ebenso können wir Materialien wie Bambus, Vorräte, Eisen oder Holz sammeln. Das geht ganz nebenbei und wir müssen dafür nicht einmal stehen bleiben. Das finden wir super angenehm. Diese Dinge benötigen wir letztendlich dafür unsere Rüstungen und Waffen zu verbessern.
Die Legende wächst
Natürlich lernen wir im Verlaufe des Spiels immer neue Fertigkeiten dazu. Durch das Erledigen von Aufgaben, befreien von eingenommen Dörfern oder Nebenquests erhalten wir einen Fortschritt in unserer Legende. Das heißt wir werden bekannter bei den Mongolen und sie lernen uns zu fürchten. Dabei bekommen wir Etappenweise Fertigkeitspunkte, die wir für wirklich sinnvolle Techniken einlösen können.
Entweder können wir noch weitere Angriffe für unsere Kampfhaltungen lernen, unsere Geistwaffen erweitern, neue Angriffe lernen oder Punkte fürs Erkunden freischalten. In Ghost of Tsushima bedeutet jeder verteilte Fertigkeitenpunkt mehr Spielspaß und neue Möglichkeiten.
Heilen können wir uns übrigens nicht mit Tränken oder ähnlichem, sondern mithilfe unserer Entschlossenheit. Diese füllt sich in Kämpfen wieder auf, sorgt aber auch dafür, dass wir uns nie zu übermächtig fühlen, da unser Heilungsvolumen wirklich begrenzt ist.
Das schönste Spiel dieser Generation
Auch wenn Ghost of Tsushima vielleicht vom Detailgrad einiger Animationen oder Mimiken mit einem The Last of Us Part 2 nicht komplett mithalten kann finden wir, dass es das schönste Spiel dieser Konsolengeneration ist.
Die Welt besteht aus einer bunten Vielfalt an Natur und Orten zum Entdecken und erkunden. Alle 5 Meter möchten wir stehenbleiben und einfach nur die Aussicht genießen, die uns gerade geboten wird. Die Lichteffekte bilden ein tolles Spiel mit Bäumen, Gräsern, Wasser, Feuer, etc. Durch das dynamische Wetter und dem Tag/Nacht Zyklus ergeben sich so immer wieder neue Bilder.
Unterstützt wird diese Schönheit von dem stimmungsvollen asiatischen Soundtrack im Hintergrund. Wir spielen ein Spiel, das ist das Gefühl, welches wir durch die Grafik immer wieder vermittelt bekommen. Dazu die gut gewählten Synchronstimmen und die Atmosphäre ist perfekt.
Die Abwechslung, die wir in der Natur finden gibt es in Dörfern oder Forts leider weniger. Diese sind oft nach ähnlichem Schema aufgebaut und bieten selten etwas Neues.
Wollt ihr die Welt von Tsushima festhalten, dann nutzt den umfangreichen Fotomodus. Wir haben ein bisschen mit diesem herumgespielt und es entstehen einfach so schöne Fotos oder Videos. Durch das Einstellen der Uhrzeit, ob es animiert sein soll oder nicht, Farben, Tiefe, etc. könnt ihr tolle Kunstwerke erschaffen und wir wissen wie talentiert die Community mit einem Fotomodus arbeiten kann.
Was ebenfalls sehr gut durchdacht ist, dass wir kaum bis gar keine störende HUD haben. So tauchen wir komplett ins Spielgeschehen ein. Das bisschen, was uns noch angezeigt wird, dass könnten wir sogar noch komplett ausschalten. Und wer dazu noch den super Samurai-Effekt möchte, der stellt das Spiel auf Japanisch um und spielt in Schwarz-Weiß. Alles möglich.
Um die nächste Quest zu finden wurde auch kein nerviges Navigationssystem eingebaut. Wir folgen einfach dem Wind. Er weist uns den Weg und das sogar ziemlich gut. Selten gab es eine Wegfindung, die sich so gut in ein Spiel integriert hat wie in Ghost of Tsushima.
Den Tag nicht vor dem Abend loben
Auch wenn wir gerne die Arbeit von Sucker Punch in höchsten Tönen loben, so gibt es doch ein oder zwei kleine Kritikpunkte. Vorab sei gesagt, dass uns keine Bugs oder Frameeinbrüche begegnet sind. Auf der PS4 Pro wirken auch nur wirklich weit entfernte Objekte, wie Schiffe auf dem Meer, etwas verwaschen. Hier uns dort gab es ein paar Clipping Fehler, da steckte der Fuß dann mal im Dach oder in der Treppe oder unser Katana blitzte durch den Umhang.
Was dann schon eher etwas gewöhnungsbedürftig ist, ist die Kampfkamera. Dieser hätte unserer Meinung nach ein Lock-On System wirklich gutgetan. Oft haben wir so nicht immer alle Gegner im Überblick, glauben alle seinen besiegt und plötzlich tauchen dann doch nochmal welche auf. Außerdem ist der Wechsel bei anvisierten Gegnern so willkürlich. Wir wollen doch erstmal den mit wenig Leben erledigen bevor wir uns das nächste Opfer aussuchen., oder?
Ebenfalls etwas störend in den ersten Spielstunden ist die harkelige Kollisionsabfrage. Hier bewegen wir uns an Übergängen oft nicht flüssig oder trauen uns plötzlich nicht mehr von einem kleinen Vorsprung nach unten zu springen. So wirkt das Klettern und Springen oft nicht flüssig und hier und da konnten wir uns darüber wirklich aufregen.
Aber das ist eigentlich nichts womit wir im Verlauf des Spieles nicht zurechtgekommen sind. Nur zu Beginn fallen diese Kleinigkeiten leider doch etwas auf. Nachdem wir Jin etwas besser kennenlernen konnten, hatten wir uns an die Steuerung und die Kamera gewöhnt und konnten solche Dinge einkalkulieren. Also Kritik auf hohem Niveau.
Wir sind begeistert
Wie ihr im ganzen vorherigen Text ja nun wirklich kaum überlesen konntet sind wir wirklich sehr begeistert von Ghost of Tsushima. Sucker Punch hat hier eine geniale Welt erschaffen, wie sie sich viele von euch schon lange gewünscht haben.
Diese wunderschöne Spielwelt gepaart mit der Atmosphäre, dem Sound und den einzelnen Geschichten ergeben zusammen einfach ein so gutes Kunstwerk. Die Welt erschlägt einen nicht mit ihrer Größe und den Möglichkeiten und wir sind ständig motiviert weiter die Karte aufzudecken und alles kennenzulernen.
Ghost of Tsushima ist ein gelungener Abschluss der Exklusives für diese Konsolengeneration und jeden Cent wert. Erlebt es selber, dass Gefühl welches dieses Spiel in einem auslöst.