Dontnod, die Macher von Life is Strange und Tell Me Why, haben seit dem 01. Dezember 2020 ihr neustes Abenteuer auf den Markt gebracht. Twin Mirror können wir digital für Playstation, Xbox oder PC erwerben und uns zusammen mit Sam Higgs in die idyllische Kleinstadt Basswood begeben. Doch hat sich in die Stadt ein dunkles Geheimnis geschlichen, welchen es aufzudecken gilt. Doch wer Nachforschungen anstellt, dem droht in Basswood wohl der Tod. Trotzdem haben wir uns mit Sam auf die Suche gewagt.
Alte Wunden aufreißen
Wir schlüpfen in die Rolle von Samuel Higgs, der eigentlich seine Heimatstadt Basswood hinter sich gelassen hat. Nach einem Enthüllungsartikel haben wir viel Ärger auf uns gezogen und wollten die Stadt, nachdem sich auch noch unsere große Liebe Anna von uns getrennt hat, einfach nie wieder betreten. Doch der traurige Umstand, dass unser damaliger bester Freund Nick bei einem vermeintlich tragischen Autounfall ums Leben kam bringt uns nun doch widerwillig zurück zu unseren Wurzeln.
Doch leider ist der Ärger der Leute bei unserem Anblick auch nach zwei Jahren noch nicht verflogen und auch mit den Gefühlen derer, die wir enttäuscht haben müssen wir uns plötzlich wieder auseinandersetzen. Aber auch das ist noch nicht alles, denn wir finden immer mehr Hinweise darüber, dass der Unfall eventuell gar kein Unfall war. Zusammen mit unserer Ex-Freundin Anna beginnen wir nachzuforschen und finden uns plötzlich in einem spannenden Thriller wieder. So viel sei gesagt: Man sollte immer hinter die Fassade blicken.
Parallelen und Unterschiede
Natürlich schauen wir beim Spielen immer wieder, welche Parallelen Twin Mirror zu den Vorgängerspielen hat. Das wir uns vieles ansehen können, Sams Gedanken dazu hören oder lesen können und mit vielen Leuten sprechen können ist noch immer ein Hauptbestandteil. Es stehen uns in den Gesprächen auch immer einige Antwortmöglichkeiten zur Verfügung, die unsere Beziehung zu demjenigen und die Handlung der Geschichte beeinflussen. Zumindest sollen sie das. Doch wesentlich wirken sich nur am Ende bestimmte Entscheidungen darauf aus, welches der fünf Enden wir erleben dürfen. Die Geschichte führt uns also so oder so in eine bestimmte Richtung, denn sie soll uns schließlich ans gewünschte Ziel führen.
Neu ist jedoch, dass wir einen imaginären Freund an unserer Seite haben, der uns bei wesentlichen Entscheidungen oft ins Gewissen redet oder versucht unser Gemüt zu beruhigen. ER soll uns helfen uns nicht nur egoistisch zu verhalten, sondern auf die Gefühle unserer Mitmenschen einzugehen. Doch das ist oft gar nicht so einfach für uns und machne Situationen lösen einfach Panik in uns aus.
Kriegen wir nämlich eine Panikattacke, dann wird unser Gedankenpalast in dem wir in Erinnerungen schwelgen können zu einer Psychose und wir müssen unterschiedliche Aufgaben bewältigen um uns wieder zu beruhigen. Anfangs wussten wir hier Stellenweise wirklich nicht so richtig, was jetzt zu tun ist und mit Trail und Error wurde es tatsächlich auch etwas frustrierend. Denn wir wollten irgendwann nicht mehr schnell aus der Panikattacke raus, weil sie sich böse anfühlte, sondern weil wir genervt von den Fehlversuchen waren. Dennoch ist die Grundidee Panik für den Spieler so darzustellen keine schlechte…
Der Gedankenpalast
Haben wir allerdings keine Panikattacke, dann können wir uns in unseren Gedanken ganz den Erinnerungen hingeben, die wir in der Stadt finden können. Sam hat hier einiges erlebt, also schauen wir uns besonders gut um, um keine von ihnen zu verpassen.
Auch müssen wir bestimmte Sequenzen mithilfe unserer Gedanken rekonstruieren. Wir müssen Hinweise sammeln, die es uns ermöglichen ein Gesamtbild zu erstellen, um die Wahrheit herauszufinden. Wie ein Detektiv fügen wir kleine Puzzleteile wieder zu einem Ganzen zusammen. Auch hier haben wir es des Öfteren mit „Versuch macht Klug“ zutun, denn finden wir die richtige Lösung nicht, kommen wir an der Stelle auch erstmal nicht weiter. Dennoch finden wir diese Idee die Gedanken so visuell dargestellt zu sehen eine gute Umsetzung von Dontnod. Wir bauen so eine viel tiefere Verbindung zu Sam auf und der Drang die Wahrheit aufzudecken wird einfach immer größer umso mehr wir finden.
Feinheiten fehlen
So spannend wir die Geschichte rund um Basswood auch finden, technisch gibt es leider doch ein paar kleine Mängel zu beklagen. Die meisten davon liegen wirklich in der Gestaltung der Feinheiten im Spiel. So erscheinen uns z.B. die Charaktere oft sehr starr und mit wenig Mimik. Besonders in emotionalen Gesprächen bemerken wir dies, wenn uns unser gegenüber einfach mit leeren Augen anstarrt.
Auch die Geschichten der Charaktere lernen wir nur halbherzig oder gar nicht kennen. Auch hier gab es in Life is Strange definitiv mehr Tiefe zu verzeichnen. Ob dies nun daran liegt, dass die Spielzeit ohne die Episodenaufteilung dafür zu kurz ist, aber in dem Fall hätten dem Spiel ein paar Stunden mehr bestimmt gut getan. Teilweise gibt es aber auch Ungereimtheiten in der Welt. Wenn wir z.B. ein Getränk für jemanden holen und dieses spurlos auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer verschwindet um dann wieder in unserer Hand zu erscheinen, dann ist das vielleicht meckern auf hohem Niveau, aber sowas nimmt ein wenig die Glaubwürdigkeit der Umgebung…
Auch die Steuerung mit dem Controller auf der Xbox Series X war Stellenweise eine wirkliche Herausforderung. Die Hitboxen müssen so präzise anvisiert werden, dass wir an manchen Stellen mit der Kamera und unserem Charakter herumeiern mussten, bis wir endlich eine Tür öffnen oder jemanden ansprechen konnten. Mag vielleicht meckern auf hohem Niveau sein, aber es reißt einen aus dem Spielfluss und das bei einem Spiel wo die Geschichte so wichtig ist.
Doch genug bemängelt
Wir wollen natürlich nicht nur Negatives sagen, denn das hat das Spiel wirklich nicht verdient. Natürlich hat Twin Mirror auch viel Positives zu bieten. Besonders hervor sticht hier die Gestaltung der Welt in der wir uns bewegen. Ganz im Stil von Dontnod können wir uns viel ansehen, viel lesen und viele kleine Details entdecken. Hier steckt Liebe in der Welt und das merkt man. Auch wenn es vielleicht nur der PacMan Automat ist, an dem wir sogar wirklich spielen können!
Wir treffen auf viele unterschiedliche Orte, die uns immer wieder Abwechslung bringen, auch wenn die Areale an sich kleiner gehalten sind. Das ist aber vollkommen in Ordnung, denn so können wir alles genießen und fühlen uns dabei in keiner Sekunde erschlagen von zu vielen Möglichkeiten. Hier entdecken wir auch immer wieder Schnipsel, die uns doch kleine Einblicke in die Geschichten der Charaktere geben, die wir treffen. Aber eben nicht so intensiv wie man es vielleicht gewöhnt ist.
Ebenso die Gestaltung des Gedankenpalastes und die Idee dahinter fanden wir einfach schön und gut durchdacht. Auch wenn sie an manchen Stellen vielleicht nicht perfekt umgesetzt war.
Unterstützt wird unsere Reise in Twin Mirror von einem fantastischen Soundtrack. Wie in eigentlich jedem Dontnod Spiel dürfen wir auch wunderbare Musikstücke treffen, die dem ganzen einfach nochmal ein anderes Leben einhauchen. (Diese sind auch der Grund warum es diesmal kein Video gibt, wir wollen da kein Risiko eingehen).
Ein würdiger Nachfolger?
Dontnod hat mit Twin Mirror ein gutes Spiel geschaffen. Die Geschichte hält uns bis zum Ende in ihren Fängen. Die Schauplätze an denen wir uns wiederfinden sind ebenfalls sehr schön anzusehen und wir lieben die kleinen Details, die überall versteckt sind. Natürlich gibt es aufgrund der kurzen Spielzeit und den unterschiedlichen Enden einen relativ hohen Widerspielwert. Allerdings können wir nachdem wir das Spiel einmal beendet haben auch in die einzelenen Kapitel springen und sammeln was uns fehlt oder andere Entscheidungen ausprobieren. Auch ziemlich prktisch für Trophäenjäger.
Dennoch kommt es an Life is Strange und Tell Me Why von der Tiefe nicht heran. Dafür wirken die Charaktere zu stumpf und die Trial and Error Elemente stören da einfach zu sehr. Auch die Geschichte endet quasi dann, wenn sie so richtig an Fahrt gewinnt, was etwas schade ist. Trotzdem könnt ihr hier einen spannenden Thriller erleben, der sich trotzdem wegen der Geschichte schon lohnt.
Wir hatten jedenfalls in den knapp 8 Stunden viel Spaß mit dem Spiel. Mit vielen Spekulationen und Wendungen. Auch, dass wir dieses mal keine Episoden hatten, hat uns eigentlich sehr gut gefallen, denn wir hassen es zu warten…dennoch hätten Dontnod dem Spiel so vielleicht noch etwas mehr Tiefgang schenken können. Solide 75/100 Punkten.